Die Raceboard Klasse

Der Raceboardcup ist die teilnehmerstärkste und erfolgreichste Windsurf-Regattaserie in Deutschland. Jedes Jahr werden etwa 40 faktorisierte Raceboardregatten in Deutschland veranstaltet. In der Jahresrangliste werden über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer geführt. Das bietet keine andere deutsche Windsurfing-Regattaserie.

Das Board:

Laut Klassenregeln ist das Raceboard ist ein etwa 2,70 m bis 3,80 m langes Board mit einem einklappbaren Schwert. Das Unterwasserschiff ist flach oder einfach bis mehrfach konkav. Zum besseren Höhelaufen ist das Longboard sehr voluminös (235 l – 331 l Volumen) und hat hohe Boxrails. Die bei den Longboards vorhandene Mastschiene ermöglicht einen variableren Trimm bei verschiedenen Windstärken und Kursen. Je nach Material und Einsatzbereich wiegen die „Langen“ zwischen 13 kg und 16 kg.

Die Renaissance der Raceboard Klasse zeigt sich auch deutlich durch das wieder stark gestiegene Interesse der Hersteller. Nachdem es früher jedes Jahr neue Fanatic Cats, Mistral Equipes oder F2 Raceboards gab, war vor 10-15 Jahren der Markt gesättigt und zudem gab es 2-3 Jahre in denen einige Raceboardfahrer dachten sie könnten auch auf einem Formula Brett mit 12,5 qm bei wenig Wind Spaß haben. Doch diese kreative Verschnaufpause der Hersteller sollte nicht lange anhalten. Nachdem immer mehr Surfer erkannt haben, dass es nichts Besseres als ein Raceboard gibt um bei allen Windbedingungen und allen Revieren Spaß zu haben, egal ob als Freizeitfahrer oder Leistungssportler, haben die neuen Innovationstreiber des Sektors den wiedererstarkten Markt erkannt und neue innovative Raceboards entwickelt, die jetzt noch besser zu der neuen maximalen Segelgröße (bei Regatten) von 9,5 qm passen.

Als 2007 das erste Starboard Phantom 380 auf den Markt (entwickelt von Mariano Reutemann, Remi Vila und Svein Rasmussen) kam sah es einem Old School Raceboard noch recht ähnlich, obwohl es mit mehr Volumen schon den größeren Segeln Rechnung trug, zwei Jahre später folgte dann rechtzeitig zur größten Raceboard WM der letzten Jahre in Warnemünde ein leichteres und minimal voluminöseres Update des 380er.

Spätestens mit dem folgenden Starboard Phantom 377 (267 Litern) war dann aber der Innovationssprung geschafft; auch wenn andere Hersteller wie Exocet mit extrem voluminösen Brettern wie dem D2 oder dem tropfenförmigen WARP X-380 versuchten dagegenzuhalten, die Phantoms mit den markanten Bat Wings waren die perfekten Allround Racemaschinen, und nur bei bestimmten Bedingungen auf der Kreuz konnten die anderen Bretter mithalten; spätestens beim Downwind fielen sie dann aber wieder zurück. War der erste Phantom 377 noch eher für leichte Fahrer geeignet, so kam 2 Jahre später mit dem 377L (297 Liter) auch ein Board für die schweren Jungs auf den Markt. Diese ersten „L“ Boards waren Raumschots zwar etwas langsamer als der kleine Bruder, aber dafür konnte auch ein Surfer mit mehr als 90 Kilo die Windlöcher durchgleiten. Das ausgefallene Design mit aufgesetzten Volumenkanten hatte aber seine konstruktionsbedingten Nachteile und die Boards wurden auf dem Deck schnell weich. Um dieses Problem zu beheben kam vor 3 Jahren dann der neue Phantom L auf den Markt … von manchen auch inoffiziell XL genannt, denn er legte auf stolze 331 Liter zu.

Pünktlich zur nächsten geschichtsträchtigen WM 2019 in Warnemünde brachte dann auch Exocet mit dem RS 380 V 2019 PRO ein Board mit Wings auf den Markt und schaffte es dicht an die Performance des Starboards heranzukommen, bzw. dieses auf dem Upwindkurs sogar zu übertreffen. Einzig das höhere Gewicht machte den schicken Boards aus Frankreich zu schaffen und verhinderte eine sonst gerechtfertigte bessere Marktposition.

Im Jahr 2020 gesellte sich dann mit dem Unifiber Raceboard Proteus 378 ein weiterer sehr ernst zunehmender Konkurrent dazu. Der argentinischen Shaper und selber begeisterter Raceboardfahrer Marco Rüsch hat zwar bei seinem progressiven Shape auf Batwings verzichtet, punktet aber mit optimierter Scoop Rocker Line und einer guten Gewichtsverteilung so dass die Boards schnell angleiten und einfach zu fahren sind.

In 2021 ist es nun an Starboard mit einem neuen Phantom 377 neue Akzente zu setzen. Etwas mehr Volumen (282 Liter) in Verbindung mit weiter hinten liegender Mastschiene und weiter vorne liegendem Schwert soll das Board noch agiler machen und die Fahreigenschaften in der Welle verbessern.

Das Segel:

Laut Klassenregeln sind in der Raceboardklasse zwei Segel bis max. 9,5 qm zugelassen. In der Regel sind diese Segel mit zwei bis vier Cambern ausgestattet. Dies sorgt für einen besserer Druckpunktstabilität und eine verbesserte Aerodynamik. Die Carbon- oder Alugabeln sind zwischen 2,10 m und 2,60m lang.

Bei den Segeln gab es eine ähnliche Entwicklung. Nach der Erhöhung der maximal bei den Regatten erlaubten Segelgröße auf 9,5 qm bzw. 8,5 bei den Damen verschwanden einige der etablierten Segelmarken und dafür spielten sich andere in den Vordergrund. Das North Warp verlor mehr und mehr an Boden und vor 10-15 Jahren waren dafür die Segel von Andre Levebre voll im Trend. Entwickelt in Zusammenarbeit mit Moritz Martin hatten diese viel Vortrieb, waren aber recht schwer und gerade für leichtere Fahrer nicht optimal geeignet. Auf internationalen Regatten hatte da schon der Siegeszug einer kleinen edlen Segelschmiede aus Spanien begonnen. Die „Aerolite“ Segel von Designer Kiko Igual machten ihren Namen alle Ehre und wogen als 9,5qm weniger als ein 4,0qm Wavesegel. Und dabei hatten sie soviel Druck als ob sie 11qm groß wären. Deklariert als Leichtwindsegel waren sie gerade bei Pumpbedingungen unschlagbar und waren jeden Cent des hohen Kaufpreises (ca. 1200€) wert. Dafür wurde dann auch jedes Segel persönlich vom Chef auf Bestellung gefertigt, und man konnte sogar angeben ob man 70 oder 100 kg Gewicht mitbringt. Zudem gab es neben den Lightwind (LW) Varianten auch Highwind (HW) Varianten die genauso leicht waren aber flacher und mit mehr Loose Leech daherkamen. Leider waren die ersten Segel aufgrund ihrer Leichtbauweise recht empfindlich und nach 1-2 Jahren intensiver Nutzung musste man auch mal ne Öse oder Naht erneuern lassen. Das hat sich mit den Jahren signifikant gebessert, so dass man mittlerweile auch ein 3-4 Jahre altes Segel problemlos kaufen kann, wobei erwähnt werden muss dass die Segelmarke mittlerweile unter dem Namen 2WinSails geführt wird. Und dieser Name war über 10 Jahre Programm weil nahezu jeder internationale Titel mit den Segeln gewonnen wurde, die man in keinem Laden kaufen kann. Bestellt wird beim Chef selber oder via Sammelbestellung über die nationalen Teamfahrer (e.g. Lars Deiterding für Deutschland).

Für Starkwind und kräftige Surfer gab es dann ja auch das RSX Segel als Alternative, welches einen extremen Trimmbereich hat(te), und sowohl bei 6 Knoten als auch bei 35 Knoten benutzt werden kann. Es sollte nur nie ins Wasser fallen wenn man keine Kraft mehr in den Armen hat, den spätestens mit nasser Masttasche wiegt es dann das gefühlt 4 fache eines Aerolite Segels. Trotzdem ist es das Segel der Wahl wenn der Wind mal unmenschlich wird … Druckpunktwanderungen Fehlanzeige.

Wer ähnlich viel Geld wie für ein Aerolite/2WinSail ausgeben möchte kann sich bei einer weiteren Edelschmiede bedienen. Die Demon Design Sails von Matthew Burridge stechen bei jeder Regatta hervor da sie auf ein komplett anderes Konzept setzen. Statt mit einer langen Gabel das Höhelaufen zu unterstützen versuchen sie mit fast 6 Metern Vorliekslänge den „Höhenwind“ an der Startlinie einzufangen. Und in den Händen des richtigen Fahrers sind sie auch in der Lage Welt- und Europameisterschaften zu gewinnen.

Ansonsten gibt es seit Jahren mit den Severne Segeln die quasi Standardsegelmarke zu den Starboard Phantoms. Weder leicht noch zu schwer, weder Starkwind noch Schwachwindsegel sind diese Segel für jeden Fahrer geeignet. Um damit aufs Treppchen zu kommen muss der Fahrer aber schon sehr gut sein. Gerade mit dem falschen Mast wird das Segel bei viel Wind unbeherrschbar wie das deutsche Team und einige andere Europäische Fahrer bei der 2016er WM in Brisbane leidvoll feststellen mussten, da sie zu ihrem Leihsegel nicht den Original Mast bekamen.

Auch wenn wahrscheinlich nie eines der Segel den Weg nach Deutschland finden wird, sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass es von LORD Sails auch Raceboardsegel aus Australien gibt.

Erfreulicherweise hat mit Monty Spindler auch ein Urgestein der Segeldesigner die Lust wiederentdeckt Raceboardsegel zu entwerfen. Die Loft Segel sind seitdem auf dem Vormarsch und haben die Chance genutzt die entstand als 2WinSails aufgrund gesundheitlicher Probleme des Chefs längere Lieferzeiten hatte. Sie punkten dabei mit super Verarbeitung und einem ausgewogenen Design der ähnlichen Vortrieb wie ein 2WinSails erzeugt und dabei nicht zu schwer ist. Zudem kann durch die Massenproduktion ein günstigerer Preis erzielt werden, und man findet immer man in dem einen oder anderen Surfshop ein Segel vom Vorjahr günstig im Resteverkauf, während 2WinSails rar sind auf dem Markt und man schon rechtzeitig im Jahr versuchen muss sich ein Neues zu bestellen oder ein Gebrauchtes fürs Saisonende zu reservieren.

Sowohl bei Demon also auch bei Loftsails gibt es Leichtwind und Starkwindsegel in 8,5 und 9,5qm im Programm, bei 2 WinSails seit diesem Jahr sogar zusätzlich noch ein Mittelwindsegel und das bei Abstufungen von 0,25 qm.

Fazit:

Die Eigenschaften von Segel und Bord ergeben ein außergewöhnlich vielseitiges Regattamaterial, welches einen unschlagbaren Einsatzbereich von 2 bis 35 Knoten aufweist. Es ermöglicht Einsteigern einen preiswerten Einstieg in das Regattageschehen und ambitionierten Sportlern die Möglichkeit sich mit Gleichgesinnten auf höchstem Niveau zu messen. Und anders als in anderen Klassen kann man jederzeit auch auf gebrauchtem Material einsteigen und reinschnuppern ohne gleich alles neu kaufen zu müssen.

War die Raceboardklasse schon immer die flexibelste Klasse für alle Bedingungen, so ist sie in den letzten Jahren auch wieder richtig „sexy“ geworden. Sowohl für die Hersteller, als auch für die Fahrer, denn das neue Material macht echt Spaß!